Gegen Sozialabbau

Erneut breiter Protest gegen Kürzungspläne in der Landeshauptstadt

Zum zweiten Mal in diesem Quartal haben in der Landeshauptstadt fast 4.000 Menschen lautstark gegen die aktuelle Krise und die drohenden Kürzungen in der Eingliederungshilfe protestiert. Am gestrigen Dienstag (10. Dezember) hatten sie sich unter dem Motto „Stoppt den Sozialabbau in der Eingliederungshilfe!“ zu einem Protestmatsch mit anschließender Kundgebung auf dem Willy-Brandt-Platz am Hauptbahnhof versammelt.

Startpunkt der Demonstration war der Domplatz. Der Zug führte an der Staatskanzlei vorbei, über den Breiten Weg und die Ernst-Reuter-Allee bis zum Bahnhof. Die Route wurde von zahlreichen Passanten gesäumt, die sich teils auch dem Protest anschlossen. Kernaussage und Forderung war „Unsere Zukunft ist mehr
wert als euer Sparplan!“

Aufgerufen hatte wie schon beim ersten Mal am 24. Oktober ein breites Bündnis aus Werkstätten für behinderte Menschen, Wohneinrichtungen, Verbänden der LIGA der Freien Wohlfahrtspflege, ambulanten Assistenzangeboten, privaten Anbietern sozialer Dienste, Integrativen Kindertages-

stätten und Frühförderstellen aus ganz Sachsen-Anhalt. Beim gestrigen zweiten Protest wurden doppelt so viele Teilnehmerinnen und Teilnehmer gezählt wie vor rund sieben Wochen.

Grund der Großdemonstration durch die Magdeburger Innenstadt war die Vorlage des Entwurfs einer Rechtverordnung am 22. November. „Diese Verordnung ist katastrophal“, sagte der Vorsitzende der LAG WfbM Sachsen-Anhalt, Martin Schreiber. „Wir müssen weiterkämpfen.“ Sieben Wochen lang sei es nicht gelungen, zielführend zu verhandeln. Die vorliegende Rechtsverordnung umfasst fast 400 Seiten und soll den vom Land gekündigten Landesrahmenvertrag ab dem kommenden Jahr aufgrund bisher gescheiterter Neuverhandlungen zunächst ersetzen.

Der Blick in diese Verordnung macht deutlich, was seit Monaten wie ein Damoklesschwert über Werkstätten für behinderte Menschen (WfbM), Wohnstätten, integrativen Kindertagesstätten und Frühfördereinrichtungen schwebt: Ab 2025 wird es dramatische Kürzungen zu Lasten der Unterstützungsangebote für Menschen mit Behinderungen geben. Eine bedarfsgerechte Versorgung wird so nahezu unmöglich! „Wir brauchen klare Zusagen und vor allem Sicherheit, damit wir Teilhabe sicherstellen können“, erklärte die Vorsitzende der LIGA der Freien Wohlfahrtsverbände in Sachsen-Anhalt, Antje Ludwig. „Eingliederungshilfe ist ein Menschenrecht!“

Die Demonstration war auch der Start für eine Mahnwache am Landtag von Sachsen-Anhalt. Sie soll vom 10. bis 18. Dezember in der Zeit von 8.00 bis 20.00 Uhr gehalten werden und auf die herannahende Krise in der Eingliederungshilfe aufmerksam machen.

Warum der Protest?
Der Landesrahmenvertrag der Eingliederungshilfe regelt die Leistungen und Vergütungen, die von den Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen erbracht werden. Der Rahmenvertrag wurde vom Sozialministerium mit den Verbänden der Leistungserbringer im August 2019 geschlossen und im Frühjahr überraschend zum Jahresende gekündigt. Als Begründung war vorgebracht worden, die Ziele des Bundesteilhabegesetzes (BTHG) und der UN-Behindertenrechtskonvention künftig besser umsetzen zu wollen. Im Raum stehen nun aber vor allem empfindliche Personalkürzungen – in unterschiedlichen Leistungsbereichen zwischen 30 und 60 Prozent! Leistungsinhalte sollen hingegen unverändert bleiben. Einen Überblick über die Rechtsverordnung und deren Auswirkungen gibt ein PDF-Dokument, das dieser Mitteilung beigefügt ist.